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Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft
RAMADA Cup 6³   2012/2013

Qualifikationsturnier Magdeburg

16. bis 18. November 2012

Turnierinformationen:

Rangliste:

Gruppe A · Gruppe B · Gruppe C · Gruppe D · Gruppe E · Gruppe F

Teilnehmer:

Gruppe A · Gruppe B · Gruppe C · Gruppe D · Gruppe E · Gruppe F

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Spielort:

RAMADA Hotel Magdeburg

Ralf Mulde berichtet über das DSAM-Turnier in Magdeburg

Sich am schönen Spiel zu erfreuen ist das Ziel

Die 1. Runde bringt schon viele spannende Partien.

″RAMADA und Schach – das ist ja schon fast ein Synonym″, sagte Dr. Hans Werchan, Vizepräsident des Landesschachverbandes Sachsen-Anhalt, zur Eröffnung des Qualifikationsturniers der Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft (DSAM) in Magdeburg. Eine wichtige Kunst im Schach bestehe gewiss darin, seine Partien dem FIDE-Motto des ″gens una sumus″ folgend aufzuge... zu spielen.

Das Ziel sei ja, sich am schönen Spiel zu erfreuen und sich eben notfalls auch zu freuen, wenn der Gegner schön gewonnen habe. Völlig unverständlicherweise kam an dieser Stelle im Saal eine recht heitere Stimmung auf. Da war der Vizepräsident aber schon bei seinem nächsten Gedanken, der Magdeburg als Zentrum des Bundeslandes, aber eben doch ″nur ein Tupfen auf der großen Fläche Sachsen-Anhalts″ beschrieb. Hier seien große schachliche Aktivitäten zu Hause und die DSAM sei mittlerweile schon ein Teil davon geworden.

314 Spieler insgesamt sind in den sechs Gruppen am Brett aktiv. Es hätten sogar ohne jede Platznot 302 Spieler in den Großen Saal gepasst, aber die Organisatoren entschlossen sich, die Gruppen im Zusammenhang zu belassen, so dass jeder nun noch mehr Platz als gewöhnlich hat. Unter ihnen sind diesmal 24 weibliche Teilnehmer, also 8%. Das wäre zwar auf dem Ponyhof unfassbar wenig, beim Schach aber ist das (leider) noch eine stattliche Zahl. Natürlich ist diese Quote klar steigerungsbedürftig, aber irgendwo muss man ja mal anfangen. Die DSAM mit ihrem ″Familienschwerpunkt″ ist dafür bestimmt ein hoffnungsvoller Ort, um dieses Anliegen des Deutschen Schachbundes umzusetzen.

″Im Namen des Teams und der gesamten RAMADA-Gruppe wünschen wir Ihnen allen einen schönen Aufenthalt″, sagte Christian Klapputh, Sales Manager des gastgebenden RAMADA Hotels Magdeburg. Das vor dem Hotel aufgebaute Zelt diente also nicht der Notunterbringung einer besonders großen Gruppe, wie manche unkten, sondern anderen Zwecken. ″Das machen wir erst im April″, lächelte Manager Klapputh.

Der Beigeordnete/Bürgermeister der Stadt Magdeburg (Dezernent für Kultur, Schule und Sport) Dr. Rüdiger Koch – nennen wir ihn kurz ″Bürgermeister″ – kommt zur Schlusszeremonie und wird zusammen mit Michael S. Langer, Vizepräsident des Deutschen Schachbundes, und Dr. Hans Werchan die jeweils ausgelobten Preise im würdevollen Rahmen übergeben. Die Ehrung der Sieger ist schon deshalb gut besucht, weil stets der Grundsatz gilt:

Wer bei der Siegerehrung nicht anwesend ist, erhält auch keinen Preis – oder anders ausgedrückt: Ein Schachturnier beginnt mit seiner Eröffnung und endet mit der Siegerehrung. Und während eines Turniers muss ein Spieler eben anwesend sein.

Heike Könze (F-Gruppe, SV 1919 Grimma)

In der Gruppe F muss der Fotograf öfters recht schnell sein, weil viele Partien hier rasch beendet werden – und zwar nicht mit einer Remis-Vereinbarung. Eine der jüngeren Spielerinnen ist Heike Könze vom SV 1919 Grimma die sich hier an Brett 22 ganz auf den weißen Springer konzentriert, der vielleicht auf f7 einreiten möchte.

Manche Turniersäle sind neben dem Sport gerade in 4-Sterne-Hotels auch ein Jahrmarkt, auf dem ein jeder seine Künste, sich selbst und vor allem seine Partien darstellt, auf dass sich dann zur allgemeinen Bewunderung das glänzende Endspiel etwa der Partie Arthur Pendennis gegen Henry Esmond in den Schachjournalen der Welt wiederfindet. Handelte es sich dabei um ein eitles Blendspiel oder doch um ein Endspiel, wie es vielleicht schon Beckett bis zum Matt analysiert hatte? Wir wissen es nicht.

Nicht nur im Turniersaal, ja sogar im gesamten Turnierareal, sind elektronische Geräte verpönt, auch wenn der Spieler seine Partie längst beendet oder vielleicht überhaupt nicht mitgespielt hat, also kein Handy, kein Laptop und kein Föhn.

Der von der Rating-Zahl her stärkste Spieler ist Johannes Paul von der ″SG Aufbau Elbe Magdeburg″ mit einer DWZ von 2205 und Elo 2249. In Halle wurde Johannes Paul dieses Jahr Landeseinzelmeister. Zeitnot scheint für den Matador von der Elbe ebenfalls keine Hürde zu sein, denn erst vor ein paar Tagen, im beginnenden September, wurde Johannes Paul in Calbe auch noch Bezirksmeister im Schnellschach.  "In der C-Gruppe sind 4 Spieler gleichauf mit 3,5 Punkten, es gab noch keine erfolgreichen Ausreißversuche. Boris Bachran vom Postsportverein Brandenburg und Johannes Paul sitzen sich am 1. Brett gegenüber", schrieb Hugo Schulz noch 2005 über die DSAM in Magdeburg, als "Guts Muths 1860 Quedlinburg" noch der Verein war, für den der damals noch mit einer DWZ von 1847 gestartete Johannes Paul aktiv war.

Jetzt sind nur sieben Jahre vergangen und er befindet sich in der Spitzenreiterposition der Setzliste der A-Gruppe. Das ist ein klarer Beweis seiner Leistungssteigerung, die symbolisch sein mag für den Aufschwung, den das Schach in der gesamten Region Magdeburg genommen hat. Hier wird mit einem konsequenten Konzept mit und für die Jugend "gearbeitet" - und den Spielern wird offenbar Lust gemacht, auch nach ihrer Jugendzeit mit dem Schach weiterzumachen.

Tage der Freude

Hauptschiedsrichter Jürgen Kohlstädt gratuliert Eric Ahlers zum Geburtstag.

Es gibt noch andere Gründe, am Brett zu jubeln als (nur?) das Matt auf d5 vollstreckt zu haben – obwohl sich der Schachfreund ja ohnehin eher nach innen freut, also ohne Trikotausziehen und Abklatschen in der Fankurve etc. Das Gegenstück dieser nach außen gekehrten Gefühlswelt, nebenbei sei es es erwähnt, spielt sich gelegentlich in der F-Gruppe ab, wo den Jüngsten nach der Niederlage auch schon mal die Tränen kommen – das ist eben ausgelebtes Engagement am Schachbrett!

Eric Ahlers vom SF Turm 2000 Wahrenburg hat sich von einem persönlichen Feiertag nicht abhalten lassen, ebenso persönlich hier in Magdeburg zu erscheinen und seinen heutigen Geburtstag im Kreis von einigen hundert Schachspielern zu verbringen: So soll's sein! Ein völlig unbeabsichtigter Nebenaspekt wäre (natürlich nur für ganz andere) vielleicht auch, auf diese angenehme Weise Kosten für zahlreiche auszugebende Runden etc. zu umgehen.

Aber auch in Magdeburg feiert Schachfreund Ahlers nicht allein! Hans-Jürgen Weis aus Winsen an der Luhe und Andreas Klee aus St.Pauli waren ebenfalls angereist, um in Magdeburg Geburtstag zu feiern – und gewiss auch, um hier Schach zu spielen. Alle anderen Schachfreunde und mitgereisten Angehörigen, Fangruppen und natürlich erst recht das Organisations-Team des Turniers freuen sich für diejenigen, die nun von einem Tag auf den anderen ein ganzes Jahr älter geworden sind.

Und die Freude hat noch gar nicht aufgehört, denn die ″dollsten Dinger″, die kommen ja erst noch ... bleiben Sie dran, gehen Sie nicht weg! Auch zu Beginn der nächsten Runde wird über Momente des Glücks zu berichten sein.

Seltsam ist's, im Nebel zu wandern

Turniersaal 3. Runde

Wandert man im RAMADA-Hotel eine gute Stunde nach Rundenbeginn ein wenig durch die Gänge, hört man es: Dieses Raunen. Davon, dass auf e6 ein Turm geopfert und das Matt erzwungen wurde, davon, dass der Schachpartner heute ganz besonders ungewöhnliche Umgangsformen an den Tag legte, davon, dass die Partie doch ganz gewiss gewonnen gewesen wäre, wenn man doch nur die Springerdiagonale (oder war's ein Turm?) rechtzeitig geöffnet ... und nur ein paar Schritte weiter eröffnen sich dem Reporter erst recht die Abgründe des Schachlebens: im Analyseraum.

Wer gerade hier die Partie vorführt, steht gewöhnlich ″auf jeden Fall glatt auf Gewinn″, wenn da nur nicht dieser ganz ″minimale Aussetzer″ gewesen wäre, womit der Punkt – empörend ungerecht! - dann doch dem Gegner zufiel. Zuschauer und Unterstützer vermögen oftmals gar nicht so schnell zu folgen, dass die Meinung des Wortführenden überprüft werden könnte – nicht nur einmal entscheiden sie sich aber vielleicht auch aus zartfühlenden Gründen für nachgiebiges Schweigen.

Wandert man weiter durch die Galerien und Schachräume, stößt man rasch auf morgende Schachträume, die aber oftmals schon mittags den kalten Boden der Realität erreicht haben: Geträumt wird vorwiegend in jenen Gruppen, die sich vor den ausgehängten Tabellen tummeln. ″Wenn ich nun gegen Meierschmidt gewinne″, und der mit dem Finger auf den einzelnen Rubriken lässt keinen Zweifel daran, dass dieser Fall eintreten wird, ″dann spiele ich in der nächsten Runde mit Schwarz gegen Müllermöller″, wieder lässt der Gestus die Gewissheit wachsen, dass der Ausgang der Partie als reine Formsache zu betrachten sei, ″und dann in der Schlussrunde ...″ Blitzende Augen unter entschlossenem Siegerglanz zeigen an: Der ganz große Springer als Trophäe für den ersten Platz ist fest anvisiert und schon so gut wie im Koffer verpackt.

Nicht erschienen in 15 Minuten

Eine der wichtigeren Szenen im Lara-Croft-Film ist die, als Angelina Jolie nachdenklich das Wort des Schurken vom ″tempus fugit″ wiederholt. ″Die Zeit flieht″ heißt das und ist für Schachspieler gerade in verwickelten Stellungen sozusagen strafverschärfend. Es geschieht aber auch, dass die enteilende Zeit zum Problem wird, wenn auf dem Brett noch absolut gar nichts geschehen ist.

″Die Spieler müssen spätestens 15 Minuten nach Rundenbeginn am Brett erscheinen, sonst verlieren sie ihre Partie″, heißt es in der DSAM-Turnierausschreibung. Das kann gerade morgens zum Problem werden, zumal Sachsen-Anhalt den grässlichen Ruf des ″Landes der Frühaufsteher″ hat – was eben nicht für die angereisten Schachspieler gelten muss, insbesondere nicht für den Schwarzspieler, der es verschlafen hat.

Halbzeit

Eigentlich ist ja die Hälfte des fünfrundigen Turniers, gleichsam das ″Bergfest″, genau zwischen Runde zwei und drei erreicht. Sicher ist es sinnvoller, ein erstes Fazit, gespickt mit dem üblichen Kaffeesatzlesen, nach der dritten als nach der zweiten Runde zu ziehen – also geht's jetzt damit los.

Jens Forner (Gruppe E)
Felix Knopf (Gruppe C)

In der Gruppe E, nobel ″E-Klasse″ genannt, gibt es genau zwei Spieler, die sich noch des Vollbesitzes ihrer Punkte erfreuen, also glatt mit 100% durch das Turnier gerauscht sind, nämlich Jens Forner und Antje Peters. Die spielen jetzt am Spitzenbrett eine Partie miteinander und danach kann es nur noch eine(n) geben – mit weißer Weste. Die passt anscheinend nicht jedermann. In Gestalt von Robert Piel, Frank Erdmann, Niklas Geue, Corinna Schiborr, Hans-Jürgen Ebeling und Boris Minkov sind aber schon die Tiger auf dem Sprung, die mit 2,5 Punkten nur auf eine Gelegenheit warten, ganz nach vorne zu stoßen. ″Gefährlich ist's den Leu zu wecken, Verderblich ist des Tigers Zahn  ...″ mag man da mit der alten Schillerglocke warnen.

Bleiben wir bei einem ″guten Stern″ und schwenken zur ″C-Klasse″: Auch hier gibt es nur noch genau zwei Spieler, die ohne jeden Punktverlust blieben, nämlich Daniel Kelm und Felix Knopf. Letzterer ist ein schon erfahrener Recke der DSAM, denn er spielt heute sein zehntes Turnier in dieser Serie und darf den bronzenen Springer ans Revers (oder wohin immer) heften. Vier Spieler mit je 2,5 Punkten sind den beiden dicht auf den Fersen, nämlich Andreas Seichter, Peter Könze, Rudolf Lange und Mikhail Zoun.

Und wir bleiben bei unserer kleinen ″Stern-Gruppierung″ und gehen zur ″A-Klasse″ über, der nominell stärksten Riege. Hier sitzen die Giganten des Amateurschachs! Und von denen hat jeder schon mindestens ein Remis auf der Straße des Sieges liegen lassen, anders gesagt: es gibt keinen Spieler mit 3,0 Punkten, aber vier mit 2,5 Zählern, nämlich Hartmut Porth, Bernd Wronn, Rauno Jarvinen und Wolfgang Ruppert. Die ersten beiden sitzen sich nun bei einer gemütlichen Partie gegenüber und – der Leser ahnte es bereits – die letzten beiden auch. Mit Rauno Jarvinen aus Finnland, der in Berlin lebt, hat das Turnier einen kleinen, internationalen Touch erhalten.

In der Gruppe D gibt es drei Spieler mit drei Punkten. Nochmal, damit nichts verloren geht: Hier ist noch ein volles Trio mit je 100% dabei! Zwei davon spielen nun gegeneinander, wie es das Reglement eben so erzwingt; am ersten Brett trifft nämlich Jan Ullrich auf Peter Groth. Gleich neben diesen beiden spielt der Dritte mit der vollen Punktzahl, Benjamin Wartenberg mit Schwarz gegen Jens-Ole Schmitt. Es bleibt spannend!

Viktor Friesen (Gruppe B)
Susanne Röhr (Gruppe F)

Die Gruppe B ist größer als die Gruppe A. Deshalb gibt es hier auch mehr Spieler, die eine erstaunliche Punktzahl aufweisen. Allerdings gleich fünf Matadore mit 100% ... wer hätte das gedacht? Viktor Friesen und Marko Sponheim teilen nun das Brett miteinander (bei dieser Formulierung ist der kleine Buchstabe ″r″ von einiger Wichtigkeit, scheint mir), ebenso wie gleich achteran (norddeutsch für ″nebenan″) Manfred Lenhardt und Ralf Schöngart. Der fünfte mit 3,0 Punkten ist Benjamin Löhnhardt, der mit Schwarz gegen Stefan Duzy antreten wird.

Und nun zur Gruppe F. Man kann Wetten abschließen, welche Gruppe zuerst fertig sein wird, und wer auf die ratingschwächste gesetzt hat, wird zumeist gewonnen haben. Das war diesmal nicht so – deshalb kommen wir erst jetzt auf sie zu sprechen. In dieser Leistungsklasse sind sechs, ich wiederhole: Sechs Spielerinnen und Spieler am Start, die noch immer 100% auf dem Punktekonto haben! Klar ist, dass das nicht so bleiben wird, denn die müssen nun ja gegeneinander antreten, nämlich Hanna Dorisz Gröger gegen Kai Boll, Jakob Bender gegen Rainer Bartl und Susanne Röhr gegen Heiko Gielke. Die Zuschauer wünschen allen viel Spaß bei ihren Begegnungen!

Geburtstage und Primzahlen

Weil wir alle an das in Zehner- und Hunderter-Intervallen funktionierende Zahlensystem gewöhnt sind (bis auf Turnierdirektor und Mathematiker Dr. Dirk Jordan, der ist Fan der Primzahlen), hat es sich ergeben, dass man eben nicht zum Beispiel den 37. Hochzeitstag oder den 43. Geburtstag besonders feiert, sondern es sind die Zahlen 25, 50, 75, 100 oder auch die 150, wie es der sich in diesen Tagen jährende Geburtstag Gerhart Hauptmanns zeigt, die uns ganz besonders attraktiv erscheinen – und bei der DSAM geschieht das auch zu Recht!

Da sind zunächst mal jene Spieler, die hier an ihrem zehnten DSAM-Turnier teilnehmen und dafür den bronzenen Springer ans Revers geheftet bekommen: Hartmut Unruh (Sfr. Korbach), Detlef Heidrich (SV Herdringen), Ralf Döhne (Stahl Eisenhüttenstadt), Roland Krafzik (B/W Vetschau), Matthias Groth (Lauenburger SV), Jürgen Fenzal (1861 Taucha), Felix Knopf (SV Merseburg), Uwe Klausch (Wilhelmsburg 1936) und Hans-Georg Doehler (Rochade Magdeburg) sind die Glücklichen.

Es geht aber noch besser! Schon zum fünfundzwanzigsten Mal spielen die folgenden Schachfreunde mit, die dafür den Silbernen Springer erhalten: Hans-Jürgen Weis (Winsen-Luhe 1929) und Michael Schomann (TSV Kücknitz) halten diesem Turnier schon so lange die Treue. Weil die DSAM ″erst″ im zwölften Jahr ihres Bestehens ist, weiß nun jeder: Diese beiden spielten öfters mehr als ein Turnier pro Jahr mit und nahmen dafür einige Kilometer Anfahrt in Kauf

Schiedsrichter Martin Sebastian überreicht Axel Schmidt einen Präsentkorb bei seinem 50. DSAM-Vorturnier.

Den Vogel in dieser Kategorie der ″Mehrfachspieler″ schießen natürlich die sehr wenigen Spieler ab, die es geschafft haben, mit der fünfzigsten Teilnahme sogar den Goldenen Springer zu ″erobern″. Wir freuen uns, diesmal Axel Schmidt damit ehren zu können, der für den Schachclub Braunschweig Gliesmarode aktiv ist. Fünfzig Teilnahmen, das sind bei jeweils 5 Runden insgesamt 200 Partien!

Nehmen wir an, dass eine Partie durchschnittlich 40 Züge dauert, sind das 8.000 Züge, die Axel Schmidt gewechselt hat und insgesamt 120,5 Punkte ergaben – kein einziges seiner Turniere schloss er mit weniger als 1,5 Punkten ab, viele aber mit 4,0 Zählern! Wir hoffen nun alle auf den maximalen Erfolg, den Durchmarsch, die 100%, die 5,0 Punkte und freuen uns, dass Axel Schmidt uns allen als netter Schachfreund erhalten bleiben wird.

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!

Es ist kaum zu glauben, aber auch direkt vor der Schlusskurve des Turniers am Sonntag um 08:56 Uhr gab es fünf (!!) Spieler, die noch immer 100% auf dem Konto hatten. Nur in der ″Königsklasse″, der starken A-Gruppe, vermochte sich niemand derart eindrucksvoll vom Feld absetzen. Weil aber hinter fast allen Spielern, die mit 4,0 Punkten am jeweils ersten Brett thronten, gleich mindestens einer stand, der oder die 3,5 Punkte aufwies, war ein schneller Remis-Schluss für den Führenden mit Risiken behaftet.

Warum eigentlich ist das so? Wer stets führt, weist eben zumeist eine nicht ganz so pralle Feinwertung auf, weil im Schweizer System der ihm folgende Spieler zumeist ebenfalls ″gegen alle Guten″ gespielt hat - einschließlich des Ersten. Der wiederum kann aber nicht gegen sich selbst spielen, so dass seine Feinwertung oftmals etwas schlechter ist als die des ihm folgenden Spielers. Diese Feinwertung wird nach dem Magdeburger (!) Bruno Buchholz benannt, der in den 1930er Jahren die entscheidenden Vorarbeiten von Oscar Gelbfuhs fortentwickelte.

In der E-Gruppe finden sich viele Spieler, die allen Turnierbeteiligten ganz ungeheuer geholfen haben; es sind die Mitglieder des USC Magdeburg, die den Spielsaal herrichteten, bevor das Turnier begann. Eigentlich könnte ja jeder, der seine Partie beginnt, die Figuren rasch selbst aufbauen, aber das wird nirgends so gemacht; überall finden Schachspieler bereits ein ″gemachtes Brett″ bei Partiebeginn vor. Das ist zwar z.B. im Fußball auch so, aber den Rasen dort rollt ja nach Benutzung auch keiner wieder ein. Drei Stunden haben unsere Freunde, denen wir sehr danken, für das Aufstellen der Bretter, Uhren und vor allem Figuren benötigt.

An 113 Tischen wird tatsächlich gespielt, ebenso viele Uhren wurden also bis in die entferntesten Winkel des Turniersaals gebracht, aufgebaut und vor allem richtig eingestellt und auf korrekte Funktíon überprüft. An jedem Tisch spielt man (bekanntlich) mit 16 schwarzen und 16 weißen Figuren, was ungefähr 32 ergibt; damit also mussten 3.616 Figuren auf die Bretter gestellt werden. Dann folgten die Partieformulare, die Stühle wurde noch einmal gerade gerückt und nach Linares ausgerichtet ... insgesamt also ganz schön viel Arbeit. - Aber die Zeit schreitet voran (″tempus fugit″, wir erinnern uns wieder an Lara Croft) und nach dem Spiel ist vor dem Spiel und das Brett ist rund ... halt! Das stimmt eher nicht.

So mancher ″kleiner Unfall″ passiert immer wieder bei einem so großen Turnier, das sich über drei Tage erstreckt. Einer vergisst knapp vor der Abreise seine Hose im Zimmer, aber im Spielsaal saß keiner ohne Beinkleid – der Trend geht also zur Zweithose. Besitzer und Textil konnten rechtzeitig wieder zusammengeführt werden.

Bei anderer Gelegenheit lagen der Turnierleitung zwei unterschriebene Partieformulare vor, das Ergebnis wurde eingetragen, es war die Folgerunde ausgelost ... neinneinnein, alles falsch, mein Ergebnis wurde falsch eingetragen. Sein Gegner habe die Partie doch aufgegeben, meinte ein Schachfreund. Das klärte sich rasch auf: die aufmerksamen Schiedsrichter wussten, dass er mit seinem einzig verbliebenen Läufer keinesfalls mehr mattsetzen konnte und sein Gegenüber ihm lediglich die Hand zum Remisschluss bzw. zum Dank für die Partie entgegengestreckt hatte.

In der letzten Runde schließlich war man an Loriot erinnert: Hier waren es gleich zwei Schachfreunde, die sich an ein falsches Brett gesetzt hatten – womöglich, um dort mit dem bekannt gelben Quietsche-Entchen zu spielen – aber alsbald von den verdutzten Spielern gestört wurden, die dort eigentlich loslegen sollten. Die ″Magdeburger Brettbesetzer-Szene″ ist eben allerorten aktiv.

Das sind eben so die kleinen Geschichten, an die ein Turnier neben den tollen Partien und der einfach angenehmen Atmosphäre erinnern lassen und an denen auch die Presse interessiert. Das Fernsehteam des MDR wollte zunächst ″nur″ einige wenige Bilder anfertigen und dann: los zum nächsten Termin! Aber dann war Schach für das Fernsehen eben doch interessant; der bunte Eindruck mit unseren vielen Kindern, die oftmals in wahrsten Sinne des Wortes ″spielend″ mit Erwachsenen mithalten können, riss sie ebenso mit wie die geballte Konzentration von mehr als 300 denkenden Menschen in einem Saal.

Axel Schmidt spielte in Magdeburg sein 50. DSAM-Vorturnier.

Alles das gab Anlass zu zwei Interviews, eins mit Axel Schmidt (der hier sein fünfzigstes DSAM-Turnier spielt) und eins mit einem unserer jüngsten Teilnehmer. Am Morgen des Schlusstages rückte das Kamerateam zum zweiten Mal an, um ″Turnierbilder″ zu filmen.  Und die Schlussfeier unter anderen mit dem Magdeburger Dezernenten für Kultur, Schule und Sport Dr. Rüdiger Koch und dem Vizepräsidenten des DSB Michael S. Langer, also der ganz große Auftritt, musste natürlich auch gefilmt und (wohl am Dienstag) einem längeren Beitrag gesendet werden. Die Teilehmer der DSAM, jeder einzelne für sich, sind eben Werbung für das Schach.

Noch 2008 schrieben wir über das Turnier in Halle (Saale) ″In der A-Gruppe spielt der amtierende Deutsche Amateurmeister Bernd Wronn aus Hamburg (FC St. Pauli) mit sagenhaften 4 aus 4″ ... und JETZT, vier Jahre später schien es so ähnlich zu laufen. In der letzten Runde siegte er dann nochmals und katapultierte damit seine bisher 3,5 Punkte auf straffe 90% = 4,5 Punkte, was schlicht uneinholbar war: Bernd Wronn hat die Gruppe A der DSAM in Magdeburg 2012 gewonnen - herzlichen Glückwunsch! Der sympathische Sieger ist ein eher ″ruhiger Vertreter″, der für St.Pauli aktiv ist und bei der DSAM schon rund dreißigmal mit am Start war. Beim A-Open seines Vereins, das 2011 mit Großmeistern und Internationalen Meistern geradezu gepflastert war, erspielte er sich 5,5 aus 9 und schloss das Turnier punktgleich mit dem Achtzehnten (IM Jugelt) ab.

Matthias Tonndorf (Elo 2206, Wolfenbüttel), der Finne Rauno Jarvinen (Elo 2210, Berlin), Hartmut Porth (Elo 2220, Bargteheide), Johannes Paul (Elo 2249, Magdeburg) und Dr. Hans-Joachim Grottke (Elo 2232, Potsdam) waren die Schachfreunde, mit denen man eine gute Oberliga-Mannschaft zieren könnte und die sich fast alle mit 3,5 Punkten für die Final-Runde in Kassel qualifizierten; nur der sechste der Kassel-Fahrer beschied sich hier mit 3,0 Zählern.

Sieger Gruppe B: Viktor Friesen (Herforder Schachverein Königsspringer)

In der B-Gruppe war es Viktor Friesen, der bis zur Schlussrunde noch nicht einmal ein einziges Remis zugelassen hatte, dann aber im fünften Umgang friedlich gestimmt war – es war ja Sonntag. Mit 4,5 Punkten hatte er sich mit diesem Unentschieden den ersten Platz in diesem starken Wettbewerb gesichert: Herzlichen Glückwunsch! In der zweiten Mannschaft vom ″Herforder Königsspringer″ sitzt er am schwierigen zweiten Brett der Regionalliga Ostwestfalen-Lippe und hat dort respektable 50% erspielt – freilich ist dort erst die dritte Runde abgeschlossen. Vielleicht gibt ihm nun sein Magdeburger Erfolg jenen Aufwind, der ihn in der Regionalliga sogar noch besser abschneiden lässt.

Eine ganze Reihe von Spielern, die je 4,0 Punkte zusammengebracht hatten, folgten Schachfreund Friesen. In der Reihenfolge ihrer Feinwertung waren das Stefan Duzy (Erfurt, Elo 1958), Benjamin Löhnhardt (Salzdetfurth, Elo 2059), Ralf Schöngart (Buxtehude, Elo 2067), Sven Dörge-Koch (Wolfenbüttel, Elo 2059), und Manfred Lenhardt (Berlin, Elo 2067), die sich alle im Finale wiedersehen werden.

Vom Klang her lustig war die Paarung der letzten Runde Löhnhardt gegen Lenhardt, was ein wenig an die Paarungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts denken ließ, als sich (Daniel) Harrwitz und (Bernhard) Horwitz öfters am Brett trafen – und der rund 100 Jahre später agierende Spieler aus Israel Albert Horowitz wäre gewiss auch noch gerne ″mit von der Partie″ gewesen.

In der C-Gruppe fanden wir Felix Knopf (DWZ 1899, Merseburg) mit der berühmten ″weißen Weste″ vor, was wohl die schachliche Entsprechung des ″gelben Trikots″ ist. Er dominierte  diese Leistungsklasse mit einem ganzen Punkt Vorsprung – nach nur vier Runden! In der letzten Runde hatte vielleicht die Konzentration ein wenig nachgelassen, vermutlich war auch der Schachpartner ganz einfach stark, jedenfalls musste am Ende eine geradezu studienartige Wendung im Leichtfigurenendspiel mit Springeropfer gefunden werden, um das Remis doch noch zu retten. Auch das zu schaffen, zeichnet starke Spieler aus.

Daniel Kelm (Elo 1785, Magdeburg) mit 4,0 Punkten spielte ein gutes Turnier und wurde Zweiter, punktgleich mit Rolf-Dietrich Beran (Neuenhagen, DWZ 1883), Mario Vieten (Elo 1840, Elbe Aken), Peter Könze (DWZ 1882, Grimma) und Robert Scherf (Elo 1865, Wahrburg) – dem hier gewählten Schema folgend haben sich diese Spieler ″für Kassel″ qualifiziert, also für das Finale der DSAM 2012/13. Dessen Sieger wiederum qualifiziert sich für die Deutsche Einzelmeisterschaft und spielt dort mit den Großmeistern.

Die D-Gruppe krönte eine Runde vor Schluss noch Benjamin Wartenberg (TWZ 1626, Gifhorn). Auch er stand mit 100% an der Spitze – würde es aber doch noch einen Spieler geben, der ihn in der letzten Runde abfangen konnte? Um 12:56 Uhr stand es fest: Nein, gab es nicht. Er schaffte in der Schlussbegegnung ein Remis und wurde somit Erster der Gruppe D! Herzlichen Glückwunsch!

Matthias Groth (1681, Lauenburg) hätte hierher schwimmen können, schließlich liegt der Ort auch an der Elbe, aber im November ist das mit der Badehose doch eher unpraktisch. Schachfreund Groth wurde mit 4,0 Punkten Zweiter der D-Gruppe, gefolgt von Jan Ullrich, Andreas Thomas, Heiko Branditz und Jürgen Brekenkamp, die sich durch die Fein- bzw. Feinstwertung unterschieden und sich für das Finale in Kassel qualifiziert haben.

In der (oben schon erwähnten) E-Gruppe war es vor der fünften Runde Jens Forner, der als einziger Spieler 4,0 Punkte aufwies. Würde ihm jetzt sogar noch der fünfte Zähler gelingen? Noch während die Redaktion an diesem Text arbeitete, kam um 09:17 Uhr die Nachricht ein, dass er sich diesmal gegen Niklas Geue mit einem Remis ″begnügt″ hatte (oder begnügen musste?) und so mit 4,5 Punkten als erster Spieler feststand, der in diesem Turnier seine Gruppe gewann. Herzlichen Glückwunsch auch an ihn!

Schachfreund Forner ist so etwas wie ein ″Gründervater″ des Vereins SG BiBaBo Leipzig, für den er bis heute spielt: ″Vor einigen Jahren, um genau zu sein im Jahre 2001, begab es sich, dass zwei Freunde des Billardsports namens Thomas Grumbach und Jens Forner nicht nur des Spieles mit den Phenolharzkugeln fröhnten (sic!), sondern sich auch ab und an dem königlichen Spiel hingaben ... und da dies regelmäßig im BiBaBo von statten ging, entstand die Idee, nicht nur so zum Spaß Schach zu spielen, sondern auch am Ligabetrieb teilzunehmen″, wie es uns die Homepage des Vereins wissen lässt.

Unser lieber ″Dauergast″ der DSAM, Frank Erdmann, stets ganz in Schach gewandet, wurde mit 4,0 Punkten Zweiter, punktgleich mit den ihm folgenden Ralf Döhne, Niklas Geue, Boris Minkov sowie mit 3,5 Punkten Werner Lakotta aus Dessau an der Mulde. Diese sechs Spieler sind in Kassel mit dabei!

In der F-Gruppe gelang Jakob Bender bis zum Beginn der fünften Runde der ″Durchmarsch″ - in der Schlusskurve wurde sein Triumphzug dann aber doch noch gestoppt. Es war Hanna Dorisz Gröger, die mit den weißen Steinen gegen Schachfreund Bender gewann und sich im Schluss-Spurt mit 4,5 Punkten an die Spitze setzte.

Aber die Partie Boll – Röhr am dritten Brett lief noch; würde es hier einen Remisschluss geben, würden die 4,5 Punkte für den Turniersieg genügen. Gäbe es dort aber einen Sieger, hätte der (oder die) 4,5 Zähler – was würde die Feinwertung ergeben? Die ist bei einem laufenden Turnier schlecht auf die letzte Runde zu prognostizieren, denn oft spielt irgendein Ergebnis am vorletzten Brett die entscheidende Rolle für den klitzekleinen Buchholzpunkt, der den Ersten vom Zweiten trennen mag. Geht es bei diesen Konstellationen um drei oder mehr Spieler, sind derlei Voraussagen erst recht zwecklos.

Sieger Gruppe F: Kai Boll (SC Wrist-Kellinghusen von 1979)

Bis zuletzt wurde hier gekämpft. Und fast war dann noch immer alles ungeklärt geblieben. Hana-Dorisz Gröger (DWZ 1290, Marienzell) und Kai Boll (DWZ 1223 Wrist-Kellinghusen) hatten beide (phantastische!) 4,5 Punkte, beide 13,5 Buchholzpunkte und beide 11,25 Sonneborn-Berger-Punkte, also auch Gleichheit in der zweiten Feinwertung. Teilen kann man die Preise nicht, also musste Hauptschiedsrichter Jürgen Kohlstädt sein Kleingeld (″anderes habe ich sowieso nicht!″) riskieren und den Münzwurf wagen. Und der entschied zugunsten von Kai Boll, der damit Erster der F-Gruppe wurde.

Andreas Heyne (1291, SG Waldkirchen) gelang ebenso wie Jakob Bender, Heiko Gielke und Steffen Sascha mit je 4,0 Punkten die Qualifikation für Kassel. Weil sich Schachfreundin Gröger bereits in Bad Soden qualifiziert hatte, wäre Hartmut Unruh (Sfr. Korbach) aufgerückt, der aber hatte sich auch schon in Hessen unter die ersten sechs gespielt! Damit durfte das Organisationsteam rund um Dr. Dirk Jordan der Achten und zugleich einer der jüngsten Teilnehmerinnen, nämlich Heike Könze aus Grimma (DWZ 1164) die frohe Mitteilung überbringen, dass nicht nur ihr Vater, sondern auch sie selbst das Ticket für Kassel ″geschossen″ hatte.

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